Mann mit Laubbläser entfernt Blätter vom Gehweg

Gesundheitsgefährdung durch Lärm

Wir leben im Zeitalter des Lärms

In den letzten Jahrzehnten wurde Lärm zu einer der größten Umweltbelastungen. Lärm jeder Art, ob durch Verkehr, Gewerbe- und Bautätigkeit, berufsbedingt oder aus dem Wohn- und Freizeitbereich, ist ein Gesundheitsrisiko. Die Frage ist nicht mehr, ob Lärm krank macht, sondern in welchem Ausmaß.

Lärm ist unerwünschter, störender, belästigender und/oder die Gesundheit schädigender Schall. Lärm wird sehr subjektiv wahrgenommen, jeder Mensch empfindet Geräusche unterschiedlich. Laute Musik ist z. B. für einige angenehm und macht Spaß, andere empfinden sie als belästigend. Jeder zweite Deutsche leidet unter Verkehrs- und jeder Dritte unter Fluglärm.

Bei Gesundheitsschäden durch Lärm unterscheidet man zwischen Schäden am Ohr und Schädigung des übrigen Körpers.

  • Am Ohr kann es zu Hörschäden bis zum Hörverlust sowie zu Ohrgeräuschen (Tinnitus) kommen.
  • Am übrigen Körper können als Folge von Lärm Herzrasen, Bluthochdruck, Herzinfarkt, eine schnellere Atmung, Veränderungen der Gehirnaktivität, der Durchblutung, der Muskelspannung, des Hormonhaushaltes sowie Schlafstörungen und Leistungsstörungen auftreten. Lärm ist auch ein Risikofaktor für Unfälle und kann aggressiv machen.

Im Schuljahr 2006/2007 hat das Landesgesundheitsamt die Untersuchungen zur Belastung mit Straßenverkehrslärm und dessen gesundheitlichen Wirkungen bei Kindern durchgeführt. Die Untersuchung umfasste einen Fragebogen zur Ermittlung der Straßenverkehrslärmbelastung, einen Elternfragebogen (Fragen zum Kind, Wohnung und Wohnumgebung, Verkehr, Gesundheit des Kindes, Familiensituation), einen Kinderfragebogen (zu den Quellen der Lärmbelastung und dem subjektiven Lärmerleben, Stressempfinden und Schlafqualität) sowie die Messung des Stresshormons Cortisol und seinen Metaboliten im Morgenurin an zwei aufeinanderfolgenden Tagen.

Es hat sich folgendes gezeigt:

  • 9% der Kinder wohnen in einem Umfeld mit einer Lärmbelastung  über 60 dB(A)
  • 34,7% der Kinder wohnen nur 50 m entfernt von einer verkehrsreichen Straße (Berufs-, Durchgangsverkehr)
  • 20,6% der Kinder sind täglich im Straßenverkehr mehr als eine Stunde Autoabgasen ausgesetzt
  • 28,2% der Kinder schlafen ganzjährig mit geschlossenen Fenstern33,2% der Kinder haben Schlafzimmer mit Lärmschutzfenste
  • jedes 4. Kind findet seine Wohngegend laut18,6% der Eltern und Kinder fühlen sich tagsüber durch Straßenverkehrslärm belästig
  • 13,6% der Eltern und Kinder fühlen sich tagsüber durch Nachbarschaftslärm belästigt
  • Kinder die in einer "autoreichen" Umgebung wohnen, eine Erhöhung von freiem Cortisol und einem Cortisol Metaboliten (20-α-Dihydrocortisol) im Nachturin haben

Schon gehört?

15 von 100 Jugendlichen weisen bereits Hörschäden auf.  Als wesentliche Ursache hierfür wird Freizeitlärm angesehen. Problematisch ist die intensive Nutzung von Abspielgeräten mit MP3-Technologie (z. B. Smartphones). Unter Hörgeschädigten ist ein hoher Anteil an Personen, die regelmäßig einen iPod oder einen anderen MP3-Player nutzen. Die Forscher stellten fest, dass Kopfhörer von MP3-Playern einen Schalldruckpegel von 126 Dezibel erreichen können.  Besonders kritisch sehen Wissenschaftler das Verhalten von Pendlern, die in öffentlichen Verkehrsmitteln Musik aus dem iPod hören. In diesem Fall wird die Musik laut gestellt, um den ohnehin schon lauten Umgebungslärm und die Fahrgeräusche zu übertönen.

Musik in Diskotheken, Clubs und bei Konzertveranstaltungen sowie Knallkörper stellen eine weitere Form von Freizeitlärm dar.

Hörschäden summieren sich über die gesamte Lebenszeit hinweg. Einmal eingetretene Hörschäden sind nicht heilbar. Die Schäden zeigen sich durch langsame, oft lange unbemerkte Verschlechterung des Gehörs.

Hörschäden durch Freizeitlärm entstehen, wenn

• die Belastung zu hoch
• die Einwirkdauer zu lang
• die Erholungszeit zu kurz ist.

Eine fünfminutige Schallbelastung mit 105 dB(A) in Diskotheken stellt die gleiche Gehörgefährdung dar wie eine achtstündige Belastung am Arbeitsplatz mit 85 dB(A). Zum Vergleich: Das Rascheln von Blättern verursacht etwa 35 dB(A), ein Presslufthammer ist 100 dB(A) laut, und ein Düsenjet beim Start verursacht in einer Entfernung von 100 m einen Lärm von 125 dB(A). Die Schmerzgrenze liegt beim Menschen bei 130 dB(A).

Im Landesgesundheitsamt wurden die Untersuchungen zu lärmbedingtem Hörverlust bei Kindern und Jugendlichen in Baden-Württemberg durchgeführt. Die Teilergebnisse aus einer Realschule in Stuttgart zeigen folgendes:

Höruntersuchung

•    14,5% der Schüler wiesen bei mindestens einer Testfrequenz einen Hörverlust von mehr als 20 dB(A) auf
•    1,9% der Schüler wiesen bei mindestens einer Testfrequenz einen Hörverlust von mehr als 30 dB(A) auf
•    Jungen hatten häufiger ein schlechteres Hörvermögen als Mädchen
•    Schüler der 9. Jahrgangsstufe hatten häufiger ein schlechteres Hörvermögen
•    15-jährige Schüler hatten häufiger ein schlechteres Hörvermögen

Hörbeschwerden

•    12,5% der Teilnehmer nach Musikhören Beschwerden
•    14,5% der Teilnehmer nach anderen lauten Ereignissen Ohrbeschwerden, davon 30,4% feuerwerksbedingt und 26,1% durch Schreien ins Ohr

Freizeitgewohnheiten

•    85,4% der Teilnehmer haben ein Musikabspielgerät mit Kopf- oder Ohrhörern
•    16,3% der Teilnehmer hören täglich mindesten 1,5 Stunden und länger Musik mit Kopfhörern
•    13,3% der Teilnehmer stellen die Geräte sehr laut ein

Was passiert genau?

Akute Schädigung

Sie entsteht in Folge einer sehr lauten Lärmbelastung, z. B. nach dem Besuch von Konzerten, Diskotheken oder durch Knalltraumata z. B. an Silvester. Dabei entsteht eine Stoffwechselstörung, die zum Erschlaffen der Haarzellen führt (Funktionsverlust). Der Hörverlust kann auch nur vorübergehend bestehen und nach 16-48 Stunden durch Erholung wieder abklingen.

Eine akute Hörschädigung zeigt sich z. B. durch:

  • wattige Ohren, Rauschen im Ohr
  • Ohrgeräusche (Tinnitus), z. B. in Form von Ohrensausen, Klingeln, Pfeifen
  • Hörsturz, d. h. plötzlicher Hörverlust auf einem oder beiden Ohren
Bleibende Schädigung

Über Jahre fortdauernde starke Beschallung mit Pegeln über 85 dB(A), aber auch ein einmaliger Impulsschall (Explosion) mit mehr als 135 dB(A) zerstören die Haarzellen und verursachen einen dauerhaften Hörverlust.

Als Ursachen für Hörschäden durch Lärm werden die mechanische Zerstörung von Innenohr-Haarzellen und/oder eine Störung der Feindurchblutung im Innenohr angesehen.

Eine bleibende Hörschädigung zeigt sich durch:

  • Probleme, leise Signale zu hören
  • verzerrtes Hören, besonders von lauten Signalen
  • eingeschränktes Sprachverstehen
  • schlechtes Richtungshören
  • Ohrgeräusche

Was bedeutet ein Hörschaden im Alltag?

  • Schwierigkeiten, seine Mitmenschen zu verstehen
  • Schwierigkeiten, Musik zu hören, zu telefonieren
  • Kontaktverluste
  • Psychische Belastungen (Stress, Depressionen)
  • Isolation
  • Erhöhtes Unfallrisiko
  • Einschränkungen der Berufsfähigkeit und bei der Berufswahl (nicht geeignet bei einer Hörbehinderung sind zum Beispiel Tätigkeiten in derMusikbranche oder als Call Center Agent / in der Telefonberatung)

Insgesamt bedeutet es eine deutliche Verminderung der Lebensqualität.