Stethoskop mit 3 kleinen Holzhäusern

Gesundheitsmonitoring

Unsere Umwelt wirkt in vielfältiger Weise auf uns ein. Neben Umweltschadstoffen und Krankheitserregern können auch UV-Strahlung, ionisierende Strahlung, Lärm, das Verkehrsaufkommen oder Infektionen unsere Gesundheit beeinträchtigen. Für verlässliche Aussagen über die Höhe der Belastung und die gesundheitliche Bedeutung verschiedener Umweltfaktoren sind systematische Untersuchungen nötig. Routinemäßig erhobene Daten zum Gesundheitsstatus der Bevölkerung ermöglichen es, gesundheitliche Einflüsse frühzeitig zu erkennen. Die rechtliche Grundlage hierfür ist das Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst Baden-Württemberg. Es betraut die Gesundheitsämter mit der Aufgabe, die gesundheitliche Situation der Bevölkerung zu beobachten, zu beurteilen und zu bewerten, einschließlich der Erhebung von Daten und Durchführung epidemiologischer Untersuchungen zur Gesundheit und Umwelt bei Kindern und Erwachsenen.

Ergebnisse zum Monitoring Gesundheit und Umwelt bei Schulkindern sind im Bericht der Untersuchung 2008/09 veröffentlicht. Eine Untersuchung zur Umwelt und Gesundheit bei Erwachsenen in Baden-Württemberg wurde 2010/11 begonnen und wird als Kohortenstudie im Rhythmus von fünf Jahren durchgeführt.

Zu den Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes gehört die Beobachtung der Gesundheit der Bevölkerung. Da für Baden-Württemberg kaum Studien zur Gesundheit von Erwachsenen vorlagen, wurde im Jahr 2010/11 vom LGA in Kooperation mit Landratsämtern in zehn Stadt- und Landkreisen eine erste Untersuchung zur Umwelt und Gesundheit bei Erwachsenen durchgeführt. Für die Teilnahme an der Untersuchung wurden Mitarbeiter aus den Landratsämtern gebeten, Fragebögen auszufüllen, Blutproben abzugeben und, wenn möglich, auch an einer zweiten Untersuchung im Jahr 2016 teilzunehmen. Ziel dieser wiederholten Untersuchung ist es, Entwicklungen in Bezug auf den Gesundheitszustand, den Immunstatus, Allergien und Sensibilisierungen gegen Inhalationsallergene (insbesondere Ambrosia) und weitere gesundheitliche Faktoren bei Erwachsenen zu erkennen und zu bewerten. 

Aus der ersten Untersuchung 2010/11 liegen folgende Ergebnisse vor:

Unfälle bei Erwachsenen in Baden-Württemberg 2011/12

Innerhalb von zwölf Monaten hatten etwa 17 % der Männer und 12 % der Frauen Verletzungen oder Vergiftungen erlitten, die ärztlich behandelt werden mussten (insgesamt 14 %). Die häufigsten Unfallorte waren: Wohnbereich, Verkehrswege, Sport- und Arbeitsstätten (außen/innen). Als häufigste Unfallarten wurden genannt: Stürze, Verletzungen durch fallende Gegenstände, Verkehrsunfälle, Verletzungen durch scharfe/spitze Gegenstände, Zusammenprall und Einklemmung/-quetschung. Die vorwiegenden Verletzungen bei Unfällen im Erwachsenenalter waren in dieser Untersuchung Prellungen, offene Wunden und Knochenbrüche. Die meisten Unfälle waren durch Bauelemente, Heimwerkerutensilien, Tiere und Küchengegenstände verursacht. 

Informationsquellen zu Gesundheitsthemen bei Erwachsenen in Baden-Württemberg 

Die häufigste Informationsquelle zu Gesundheitsthemen waren Zeitschriften, Zeitungen, Bücher oder Broschüren (bei 88 % der Befragten). An zweiter Stelle folgten Fernsehen und Radio, die von etwa 72 % der Befragten genutzt wurden. Etwa 69 % der Teilnehmer informierten sich bei Apothekern, Ärzten oder anderen Heilberufen über Gesundheitsthemen. Im Internet suchten 58 % der Befragten nach Informationen; 45 % informierten sich auch über Freunde und Bekannte. Als nicht ausreichend wurden Informationsangebote zu psychischen Erkrankungen von 36 % der Teilnehmer angesehen. Zu Unfällen und Unfallfolgen hätten etwa 23 % der Befragten gern mehr Informationen. Fast jeder Fünfte wünschte sich mehr Informationen zur Gesundheitsförderung. Jeweils 17-18 % hielten die Informationsangebote zu Krebserkrankungen, Infektionen, Asthma und Allergien für unzureichend. Zu Muskel-Skelett-Erkrankungen fühlten sich 85 % der Teilnehmer gut bis ausreichend informiert. Über 90 % der Befragten hielten die Informationsangebote zu Diabetes- und Herz-Kreislauferkrankungen für gut oder ausreichend.

Zu den Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes gehören die Beurteilung und Bewertung der Gesundheit der Bevölkerung. So ist z. B. die Lebenserwartung ein Maßstab zur Beurteilung, der beim Vergleich von Bevölkerungen verschiedener Länder verwendet wird. Die Berechnung der Lebenserwartung beruht auf Daten zur altersabhängigen Sterblichkeit. Die altersabhängigen Mortalitätsraten werden aus der Zahl der Todesfälle in einer Altersgruppe, bezogen auf die Zahl der lebenden Personen in dieser Altersgruppe, bestimmt. Die Angabe erfolgt dann meist als Zahl der Todesfälle pro 100.000 Personen.

ne Betrachtung der zeitlichen Entwicklung der Mortalität, insgesamt und getrennt nach verschiedenen Todesursachen, gestattet zusätzliche Einblicke in Trends und Veränderungen des Krankheitsspektrums und der Mortalität. Zum Beispiel zeigt die Gesamtsterblichkeit in der Altersgruppe der 60-65-Jährigen in den Jahren 1980-2014 einen deutlichen Rückgang bei Frauen und Männern. Das LGA hat in einer Broschüre Zeitreihen zur Mortalität zusammengestellt, die Trends für verschiedene Todesursachengruppen wie Kreislauferkrankungen, Krebserkrankungen, Infektionen usw. zeigen. 

Zeitreihen zur Mortalität in Deutschland und Baden-Württemberg 1980-2014 (PDF; 2,1 MB)
Alters- und geschlechtsspezifische Mortalitätsraten in Baden-Württemberg 2010 (PDF; 1,1 MB)

Unter gesundheitlichen Risikofaktoren versteht man Bedingungen, die die Wahrscheinlichkeit für Erkrankungen, Verletzungen und andere gesundheitliche Probleme erhöhen können. In vielen epidemiologischen Studien werden Daten zur Häufigkeit vermuteter Risikofaktoren und verschiedener Erkrankungen erhoben. Man versucht, durch entsprechende Analysen bevölkerungsbezogener Untersuchungen Zusammenhänge zwischen Risikofaktoren und Erkrankungen zu erkennen, die bei der Betrachtung von Einzelfällen nicht ins Auge fallen. Dazu werden verschiedene Studienarten genutzt, je nachdem, ob es um Fragen zu mehreren Risikofaktoren einer Erkrankung geht (Fall-Kontroll-Studien) oder um Zusammenhänge eines Risikofaktors mit verschiedenen Krankheiten und gesundheitlichen Folgen (Kohortenstudien). Auch Beobachtungsstudien mit retrospektiven Fragen zu Risikofaktoren können Erkenntnisse zu gesundheitlichen Folgen und möglichen Einflussfaktoren liefern.

Entscheidend für die Interpretation der Ergebnisse solcher Studien sind klare Fragestellungen bzw. Hypothesen, die bei der Planung vor Beginn der Studien formuliert werden sollten, um Zufallseffekte, die beim Stöbern in den Daten (Data mining) gefunden werden, nicht überzubewerten. Deshalb sollte die Interpretation von Zusammenhängen in Studien mit der gebotenen Vorsicht erfolgen, da es sich nicht immer um Ursache-Wirkungsbeziehungen handeln muss.

Wenn z. B. mehrere Risikofaktoren nicht unabhängig voneinander auftreten, können multiple Regressionsanalysen diese Faktoren nicht wirklich „trennen“, obwohl dies von vielen Autoren angenommen und in Publikationen auch so dargestellt wird. In einer Simulationsstudie, die das LGA im Zusammenhang mit der Auswertung von Daten aus dem Gesundheitsmonitoring durchgeführt hat, konnte gezeigt werden, dass multiple logistische Regressionen irreführende "signifikante" Ergebnisse liefern können, wenn Einflussfaktoren untereinander korreliert sind (mehr dazu unter „Weitere Informationen“, rechts).

Als allgemein anerkannt und durch langfristige Forschung gesichert gelten unter anderem folgende Risikofaktoren für die Gesundheit:

  • Tabakrauchen  
  • Drogenkonsum und exzessiver Alkoholkonsum
  • Untergewicht
  • hoher Blutdruck 
  • Adipositas und Bewegungsmangel

So erhöht Tabakrauchen das Risiko für Lungenkrebs und andere Krebserkrankungen, aber auch für Herzkreislauferkrankungen. Auch das Risiko für Infektionserkrankungen, bei denen die Lunge betroffen sein kann, wie z. B. Legionellose, Tuberkulose oder Q-Fieber, scheint bei starken Rauchern höher zu sein.

Logistische Regressionsmodelle Ergebnisse und Bewertung: Anwendung auf reale Daten und Simulationsergebnisse (PDF; 200 KB)

Unter Schutzfaktoren für die Gesundheit versteht man Bedingungen, die die Wahrscheinlichkeit für Erkrankungen, Verletzungen und andere gesundheitliche Probleme verringern können. Während es eine große Reihe epidemiologischer Studien zu vermuteten Risikofaktoren gibt, sind Studien zu schützenden Faktoren noch eher selten. Im Zusammenhang mit Schutzfaktoren findet man auch Synonyme wie protektive oder „salutogenetische“ Faktoren oder auch Resilienzfaktoren, wobei mit letzteren häufig persönliche Faktoren wie Optimismus, Verantwortungsbereitschaft und Orientierung auf die Lösung von Problemen gemeint sind. Schon das Interesse an und der Zugang zu verlässlichen gesundheitlich relevanten Informationen kann ein Schutzfaktor sein. Es gibt jedoch einen erheblichen Forschungsbedarf zu Faktoren, die die Gesundheit schützen können. 

Bei der Interpretation von Assoziationen zwischen möglichen Schutzfaktoren und der Gesundheit von Personen, die in Studien gefunden werden, ist wie bei Risikofaktoren ebenfalls Vorsicht geboten, denn es muss sich nicht notwendigerweise um direkte Ursache-Wirkungsbeziehungen handeln. 

Beispiele für mögliche Schutzfaktoren sind nach derzeitigem Wissensstand:

  • Hygienemaßnahmen wie Händewaschen 
  • Trinkwasseraufbereitung
  • Lebensmittelhygiene 
  • Impfungen 
  • Nichtrauchen
  • ausreichend Bewegung 
  • gesunde Ernährung

Ob z. B. Kaffeetrinken als ein Schutzfaktor gegen Erkrankungen an Demenz und Alzheimer angesehen werden kann, ist noch Gegenstand der Forschung. Einige Studien deuten bereits auf einen solchen Zusammenhang hin.

In den vergangenen Jahrzehnten haben vor allem Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung von Risikofaktoren wie z. B. Hygienemaßnahmen, Impfungen oder Tabakrauchen einen Einfluss auf die kontinuierlich gestiegene Lebenserwartung gezeigt. In der Zukunft sollten weiterhin auch gesundheitliche Schutzfaktoren gefördert werden, um einen positiven Einfluss auf die Gesundheit der Bevölkerung zu ermöglichen. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist ein evidenzbasiertes Vorgehen, um eventuell gut gemeinte, aber wirkungslose oder sogar der Gesundheit abträgliche Interventionen zu vermeiden.