Lichterkette

Netzwerk neue Festkultur

Feste zu feiern gehörte schon immer zum Leben. Das ist gut so und das ist wichtig. Inzwischen haben sich jedoch Abläufe und Inhalte verändert. Die Konsumorientierung verdrängt mitunter die eigentlichen Fest-Inhalte und manchmal auch unsere gesamte Kultur des Feierns. Events und Veranstaltungen ohne wirklichen Anlass haben sich etabliert,  Zeitgrenzen haben sich nach hinten verschoben und nach 3 Uhr ist oft „mehr los“ als vor 22 Uhr. An die Krankenhaus-Einlieferung volltrunkener junger Menschen und an Alkoholexzesse haben wir uns schon fast gewöhnt.

Fast – aber doch nicht ganz!

In einzelnen Landkreisen hatten engagierte Menschen schon vor Jahren nach Möglichkeiten gesucht, negativen Aspekten dieser Entwicklung zu begegnen. So sind auf lokaler Ebene viele gute Projekte entstanden. Genau diese Fäden wollen wir aufnehmen und gemeinsam weiter entwickeln. Unser Netz über 14 Landkreise bietet dazu eine hervorragende Basis. Die „Macher“ kommen dabei aus unterschiedlichen Bereichen: So sind Suchtberatungsstellen, Jugendämter, Polizeidienststellen, kommunale Suchtbeauftragte gleichermaßen vertreten wie auch Kreisjugendringe oder das Landesgesundheitsamt.

Unser Know How im NETZWERK NEUE FESTKULTUR hat sich auch in zahllosen Gesprächen mit Festveranstaltern gefestigt. Bei diesen Diskussionen, oftmals mit Ehrenamtlichen aus der Vereinsarbeit, war oft ein Spagat zu bewältigen: Einerseits ist es regelmäßig der (harte) Alkohol, der beim Vereinsfest den Umsatz garantiert und die Kasse aufbessert. Andererseits soll sich das Ende des Festes nicht bis zum Morgengrauen hinziehen, denn Vereinsmitglieder sollen ja auch noch den Abbau in verträglichem Rahmen bewerkstelligen. Kein Festveranstalter will letztlich, dass die Presse nach dem Festwochenende nur vom Polizeieinsatz, von einer Schlägerei oder von der Einlieferung Einzelner in die Klinik berichtet.

Aus dieser Problemzone heraus sind in vielen Diskussionen sogenannte Eckpunktepapiere entstanden. Diese bestehen zunächst aus Hinweisen auf rechtliche Vorgaben wie Jugendschutzgesetz oder Gaststättengesetz, aber auch aus freiwilligen Vereinbarungen, die den Festverlauf positiv beeinflussen, wie z.B.

  • frühere Anfangszeiten
  • verbindliches Ende des Festes
  • voller Eintrittspreis bis 01 Uhr
  • konsequente Zugangskontrolle
  • geeignetes Sicherheitspersonal
  • keine Lockangebote beim Alkohol

Eines dieser Eckpunktepapiere (z.B. aus dem Landkreis Sigmaringen) finden Sie unter „Weitere Informationen“. Es wurde evaluiert und beide Evaluationsergebnisse zeigen u.a.

  • keine Verschlechterung der Stimmung
  • kein Rückgang der Besucherzahlen
  • Vorbereitung ist aufwändiger
  • Veranstalter sind zufriedener
  • weniger Einsätze von Polizei und Rettungsdienst

Die Ergebnisse der Evaluation können Sie ebenfalls unter „Weitere Informationen“  einsehen.

Rechtliches

Als Festveranstalter tragen Sie die Verantwortung dafür, dass alle rechtlichen Vorgaben eingehalten werden.

Das Gaststättengesetz erlaubt zunächst dem (gewerblichen) Konzessionsinhaber, ein Fest auszurichten. Daneben kann bei besonderem Anlass auch jedermann (z.B. Verein)  eine vorübergehende Erlaubnis - Gestattung genannt - erhalten. Der Begriff „besonderer Anlass“ wird mitunter strapaziert und die Kommune muss letztlich entscheiden, ob ein besonderer Grund vorliegt. Nebenbei verlangt das Gesetz, dass mindestens 1 alkoholfreies Getränk nicht teurer als das billigste alkoholische Getränk (bei gleicher Menge) sein darf. Zudem enthält es das Verbot, Alkohol an erkennbar Betrunkene zu verabreichen. Für den Festveranstalter lohnt sich, dieses Gesetz mit seinen rund 30 Paragrafen aufmerksam zu lesen.

Das Jugendschutzgesetz definiert z.B. bei Tanzveranstaltungen bestimmte Zeitgrenzen für verschiedene Altersgruppen. Diese Zeitgrenzen können seit der Fassung vom April 2003 durch den „Erziehungsbeauftragten“ aufgeweicht werden oder auch ganz fallen. Sie als Veranstalter legen aber über Ihr Hausrecht fest, ob Sie diese Erziehungsbeauftragung anerkennen oder ob Sie grundsätzlich auf die minderjährigen Gäste nach 24 Uhr verzichten wollen. Ganz nebenbei steht im Jugendschutzgesetz auch, dass Sie für den Ausschank und den Konsum von alkoholischen Getränken in der entsprechenden Altersgruppe verantwortlich sind. Dies bedeutet, dass Sie z.B. die Weitergabe von Wodka-Bull an einen Minderjährigen verhindern müssen, nachdem ein 18-Jähriger beide Gläser an der Getränkeausgabe erhalten hat. Das Jugendarbeitsschutzgesetz setzt Grenzen, wenn Kinder oder Jugendliche bei der Ausrichtung eines Festes mithelfen sollen.

Das neue Personalausweisgesetz verbietet inzwischen, Ausweise von 16- bis 18-jährigen Gästen einzubehalten. Bisher war dies eine gute Methode, um die 24 Uhr – Kontrolle effektiv durchzuführen. Die Alternativlösung:  www.partypass.de

Wichtig dabei ist aber, dass Sie als Veranstalter den Hinweis auf den Partypass schon frühzeitig in Ihre Werbung aufnehmen.

Schließlich macht noch das Landesnichtraucherschutzgesetz Aussagen über das Rauchen in Gaststätten und an anderen Veranstaltungsorten. 

Tipps am Schluss:

Bei manchen Veranstaltungen ist es bereits im Vorfeld sinnvoll, sich mit Kommune und zuständiger Polizei zusammenzusetzen und dabei Sicherheitsaspekte zu besprechen.

Bei Veranstaltungsbeginn ist es vorteilhaft, sich bei der zuständigen Polizeidienststelle zu melden und die gegenseitige Erreichbarkeit auszutauschen. Dies gewährleistet Kommunikation auf kurzen Wegen.

Warum sollte Sie das als Eltern interessieren?

Für Ihre Kinder sind Feste und Partys ein wichtiger Bestandteil des sozialen Lebens. Das war schon immer so und ist auch gut so. Allerdings haben wir in den letzten Jahren beobachtet, dass die Regelungen des Jugendschutzes immer mehr aus dem Blickfeld geraten sind, dass sich die Veranstaltungszeiten immer weiter ausgedehnt haben und dass die Inhalte von Festen immer dürftiger in ihren Inhalten wurden. Zu stark sind sie mittlerweile vom Drang, Geld verdienen zu müssen und vom Alkoholkonsum geprägt. Wir beobachten in den letzten Monaten verstärkt, dass Jugendliche auf „Ü18“-Partys ausgeschlossen werden. In aller Regel ist der zusätzliche Aufwand des Veranstalters, den Regelungen des Jugendschutzes genügen zu müssen, der Grund dafür. Damit schließen wir Jugendliche aber an einer wichtigen Teilhabe am öffentlichen Leben aus.

Das Netzwerk Neue Festkultur will diesen Entwicklungen in Kooperation der beteiligten Landkreise entgegenwirken. Eine Einzelaktion, die an einer Landkreisgrenze halt macht, führt nur zu verstärkter Mobilität unter den Jugendlichen und zu Unmut bei den Veranstaltern.

Auch wenn es nach wie vor unterschiedliche Regelungen und Projekte in den einzelnen Landkreisen gibt, so gibt es doch gemeinsame Ziele.

  • Wir wollen Feste nicht verhindern! Im Gegenteil: Die Feste laufen derzeit Gefahr, wegen zu hoher Risiken nicht mehr durchgeführt oder nicht mehr genehmigt zu werden. Dem wollen wir entgegenwirken.
  • Die Feste und Partys sollen auch für Jugendliche offen bleiben. Dazu muss der Jugendschutz effektiv umgesetzt werden.
  • Die Feste und Partys sollen sich zeitlich wieder „normalisieren“, die Veranstaltungen sollen früher anfangen und auch früher (mit klarer Ansage) beendet sein.
  • Der Alkohol soll nicht im Mittelpunkt des Festes oder gar der Anlass eines Festes sein. Die Veranstalter sind aufgefordert, sich um sinnvolle andere Inhalte (z.B. Traditionen, örtliche Eigenheiten etc.) zu kümmern.
  • Die Eltern müssen die Gewissheit haben, dass für ihre Kinder bei den Veranstaltungen die größtmögliche Sicherheit gewährleistet ist.

Diese Ziele sind nicht ohne ihre Mithilfe und ohne Beschränkungen für Ihre Kinder zu erreichen. Helfen Sie mit, dass die Kinder verstehen, warum nicht alles, was wünschenswert wäre, auch geht, und dass eine Umgehung von Regelungen letztlich nur zu deren Verschärfung führt. Helfen Sie mit, dass unsere „Festkultur“ auch in Zukunft den Spaß bringt, den wir alle damit verbinden.

Neue Festkultur - aber was hab ich denn nun davon?

Ab Alt oder Jung: Jeder von uns geht gerne auf Feste - hier trifft man Freunde und lernt neue kennen.  In den letzten Jahren haben sich Feste verändert - aber auch nicht immer zum Positiven: Pöbeleien, Schlägereien und Körperverletzungen nahmen - weil die Beteiligten vielleicht zu viel Alkohol getrunken hatten - zu.  War man im ersten Moment gar nicht beteiligt, kann im nächsten Moment die Situation ganz anderes aussehen - plötzlich ist man mittendrin. Die negativen Entwicklungen bei Festen zu begrenzen und den Spaß für alle Beteiligten wieder in den Vordergrund zu stellen, ist das Ziel der "Neuen Festkultur".

Wir meinen, dass wir mit der "Neuen Festkultur" genau dieses erreichen können. Eines muss uns klar sein: Nur wenn der Spaß auf Festen für uns - den Festveranstalter, den Besucher,  euch und euren Eltern - gegeben ist, wird es weiterhin Feste geben. Und genau darum geht es uns: Den Spaß und die Freude über die Feste zu erhalten.

Damit Dorf- und Stadtfeste für alle angenehm verlaufen, gibt es in vielen Landkreisen unterschiedlichste Maßnahmen zur Alkoholmissbrauchsprävention bei Festen. Diese Maßnahmen enthalten in der Regel Elemente der Selbstverpflichtung und einheitliche Genehmigungsverfahren etc. Bisher waren Konzepte und Maßnahmen auf den einzelnen Landkreis bezogen. Die Besucher kommen jedoch auch aus den Nachbarkreisen und darüber hinaus zu den Festen, weswegen eine Vernetzung der Kreise über ihre Grenzen hinaus wichtig ist, damit eine möglichst einheitliche Struktur geschaffen wird. Zu diesem Zweck wurde 2008 das „Netzwerk Neue Festkultur“ in der Region Bodensee-Oberschwaben gegründet. Es handelt sich um ein interdisziplinäres Netzwerk mit Vertretern aus Kommunen und Landkreisverwaltungen, der Polizei, der Suchtberatung und der Sozialarbeit aus den Landkreisen sowie dem Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg.

Ziele:
  • Bündelung der unterschiedlichen Aktivitäten in den Landkreisen
  • Angleichung von Regelungen unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten
  • Vervielfachung von guten Ideen und funktionierenden Projekten
  • Gemeinsame Weiterentwicklung der Festkultur-Idee